Dr. med. Maro D.
Meine Prüfungserfahrung:
Der Wecker klingelte. Nach ein paar Sekunden war ich vollständig wach: Heute ist der Prüfungstag! Ich öffnete das Fenster. Der Tag war perfekt, mit überwältigendem Sonnenlicht. „Soll ich jetzt Fachbegriffe wiederholen oder gehe ich frühstücken?“, fragte ich mich. „Vergiss nicht, am Morgen zu essen!“, hörte ich Željkicas Stimme in meinem Kopf. Željkica ist meine Personalberaterin und ich muss sagen, dass sie mir viele ausgezeichnete Ratschläge gegeben hatte. Aber um Željkica zu loben, würde ich noch ein paar Seiten brauchen.
Ich ging frühstücken und ließ die Fachbegriffe auf dem Tisch. Ich war erstaunlich entspannt. Na ja, ich hatte einen Monat mit meiner Lehrerin Cristina geübt. Sie hatte denselben Weg genommen und vor zehn Monaten die Prüfung bestanden. Dank ihr kannte ich die Struktur der Prüfung und alle Tricks.
Ich nahm eine Tasse Kaffee (Mann, ist Hotelkaffee schrecklich …) und ein Sandwich und setzte mich an den Tisch. Mein Handy in meiner Hand. Zeit für die Nachrichten: „Neue Züge für die Deutsche Bahn“, „Frau Merkel im Brexitgespräch“ (sie scheint nicht mit den Brits zufrieden zu sein) … Ein Blick auf die Uhr und ich musste mein Morgenritual beenden. Ich ging in mein Zimmer und überlegte, ob ich noch etwas wiederholen sollte. „Nein“, sagte ich zu mir selbst, „du bist bereit!“ Ich zog meinen Anzug an und ging raus. Die Rezeptionistin hatte schon ein Taxi gerufen. Die Fahrt dauerte 15 Minuten. Es gab keinen Stau, die Stoßzeit war gerade beendet. Zum Glück war die Prüfung um 10 Uhr. Das Taxi fuhr vor einem hohen Gebäude zur Seite. Ärztekammer Hamburg!
Ich nahm den Aufzug bis zur 13. Etage. Eine Frau brachte mich zum Warteraum. Es war 9.30 Uhr und ich sollte bis 10 Uhr warten. Ich sah keine anderen Kandidaten. (Bin ich der Einzige hier?) Um 10 Uhr kam ein Arzt und führte mich in ein Zimmer, wo noch zwei Kollegen von ihm warteten. Nur ein paar Höflichkeiten, eine Prüfungsstruktur-Erklärung (die ich schon kannte) und die Prüfung begann. Ein Prüfer hielt eine Stoppuhr in seiner Hand. (Ehrlich, was ist mit dieser Stoppuhr? Ich bin der Einzige hier …)
Eine Ärztin, die die Rolle der Patientin spielte, begann mit ihren Beschwerden: „Ich habe Schmerzen im rechten Oberbauch nach dem Essen …“ – „Aha, Gallensteine! Gut, einfach!“, dachte ich. Ich musste die Anamnese durchführen, aber meine „Patientin“ zeigte keine Geduld dafür. „Warum so viele Fragen, Herr Doktor? Wie meinen Sie das, ob ich Drogen nehme? Deswegen bin ich nicht gekommen!“ und so weiter. Mein Gott, war sie anstrengend! Aber ich wusste, dass ich alles nach Protokoll machen sollte. Ich blieb ruhig und sagte ein paar ermutigende Sätze. Sie hörte mit den Fragen auf und ich konnte die Anamnese bis zum Ende durchführen. In der Zwischenzeit blieben die anderen zwei Kollegen leise und schrieben etwas. Einer von ihnen sah auf die Stoppuhr. (Schon wieder diese Stoppuhr!) Meine Patientin hatte viele Fragen: „Was ist mit mir, Herr Doktor? Brauche ich eine Operation? Sterbe ich?“ Ich war verständnisvoll und beantwortete alle Fragen. Ich glaube, dass ich auch mitfühlend genug war, aber nicht zu sehr. (Ich hatte gehört, dass eine Kandidatin die Prüfung nicht bestanden hatte, weil sie zu empathisch gewesen war. Also: Mit den Patienten zu weinen ist keine Option.) Während meiner Erklärung hörte ich Cristinas Stimme in meinem Kopf: „Keine Fachbegriffe bei den Patienten!“ Ich tat mein Bestes, nicht „Cholelithiasis“ zu sagen. Plötzlich sagte der andere Arzt: „Die Zeit ist abgelaufen. Folgen Sie mir bitte in ein anderes Zimmer!“ (Wohin gehe ich jetzt?)
Wir erreichten ein kleines Zimmer: nur ein Fenster, ein Schreibtisch, ein Stuhl und natürlich – eine Uhr. (Wirklich? Es gab keine anderen Kandidaten. Lustig.) Ich bekam ein Formular, das ich schon kannte. (Ich hatte mit Cristina so viele Arztbriefe auf diesem Formular geschrieben und kannte alle Tricks). „Sie haben 20 Minuten“, sagte der Arzt und verließ das Zimmer. Ich begann zu schreiben. Die Sätze kamen leicht. Aber 20 Minuten, um alles aufzuschreiben, fand ich anfangs nicht genug. Gott sei Dank hatte ich genug geübt, um den Brief in 19 Minuten zu beenden! (Okay, jetzt schnell gucken, ob alles gut ist.) Ich las gerade den ersten Satz, da kam der Arzt zurück. (Na ja, warum sollte man das durchlesen?!)
Ich folgte ihm zurück zum ersten Raum, wo die anderen zwei Ärzte warteten. Die Zeit für das Arzt-Arzt-Gespräch war gekommen. („Benutze Fachbegriffe!“, hörte ich schon wieder Cristinas Stimme.) Meine Patientenvorstellung ging glatt. Na ja, die habe ich mit Cristina so viele Male geübt. Und dann kamen die Fragen, was ich mit dem Patienten machen würde: Ultraschall, ERCP und so weiter. Meine Antworten kamen schnell und der Oberarzt wusste nicht mehr, was er mich fragen sollte. (Keine Fragen mehr?? Take that!) Der Arzt mit der Stoppuhr (natürlich war die Stoppuhr noch da) sagte, wir hätten noch Zeit und ich sollte jetzt mit der Patientin sprechen, was wir machen würden.
Also, jetzt kamen lange Aufklärungen über ERCP, Ultraschall und CT. Am Ende ergab sich, dass meine Patientin gar nichts von Gallenwegen und Gallensteinen verstanden hatte. (You have gotta be kidding me!!!) Ich zeigte Geduld und blieb ruhig. Ich versuchte, es noch einmal zu erklären, und sie wollte, dass ich die Gallenwege aufzeichne. („Kein Problem“, dachte ich). Ich machte, was sie wollte, aber sie hatte noch mehr Fragen: „Aber Herr Doktor, woher kommen die Steine?“ („Von Alpha Centauri“, wollte ich sagen.) „Aus der Gallenblasse“, sagte ich. Sie zeigte endlich Verständnis und unsere Unterhaltung war zu Ende.
Der Arzt mit der Stoppuhr gab mir dann einen Zettel mit zehn Fachbegriffen, die ich erklären musste. (YES!! Alle zehn Begriffe von Cristinas Liste!) Ich hatte 5 Minuten, aber ich schrieb alles in 3 Minuten auf. Ich gab den Zettel dem Arzt. Er war erstaunt: „Sie sind schon fertig?“ („Take that“, dachte ich.) Die Prüfung war zu Ende. Sie fragten mich noch ein paar Dinge: was ich mache, woher ich komme und so weiter. Handschlag, Grüße and schnell war ich draußen.
Die Sonne schien und ich hatte ein gutes Gefühl. Ich rief Željkica und Cristina an und erzählte alles. Es war 11 Uhr und der ganze Tag lag noch vor mir. Jetzt war es Zeit für eine Stadtbesichtigung.
Am nächsten Morgen verließ ich das Hotel. Im Flugzeug bekam ich die E-Mail, dass ich die Prüfung bestanden hatte. Jetzt kann mein neues Abenteuer in Deutschland losgehen!